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Dienstag, März 19, 2024
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    Gut, wenn man es dabei hat – aber nicht braucht: Das First Aid Kit für die Bühne

    Gut wenn man es dabei hat: Das richtige Werkzeug / © JMT-Photography für Pexels/Andy C.

    Ich hab‘ mich sehr gefreut, als mich Jörg am frühen Abend im 7er Club / Mannheim begrüßte. Natürlich war ich leicht auszumachen, weil mir aus allen nur denkbaren Taschen meiner Shorts irgendwelche Kabel heraushingen – Im Vorfeld eines Konzerts gibt’s beim Aufbau doch immer wieder die eine oder andere (böse) Überraschung, weshalb ich nicht drumrum komme, immer mit irgendwelchen Prüfinstrumenten durch die Gegend zu laufen …

    Neben meiner Funktion als Keyboarder bin ich denn auch für die Bühnentechnik meiner Bands verantwortlich. Über die Jahre sammelt sich da so manches an, was im Problemfall eine große Hilfe sein kann.

    Die grundlegende Ausstattung

    Beim Ausladen ist ein gutes Paar Arbeitshandschuhe wichtig! Mit einem ge­quetschten Finger kommt bei der bevorstehenden Show, wie man weiß, nicht gerade ungeteilte Freude auf. Daneben sind eine Rolle Gaffa Tape, eine Sprühdose WD-40 und eine Taschenlampe Standard. Und ein leichter Werkzeugkoffer aus dem Baumarkt zur Aufnahme der stetig wachsenden Sammlung reicht völlig aus.

    Das Deckelfach meines First Aid Koffers / © Chris Hinz

    Es geht schon damit los, dass die Zufahrt zur Location mit den typischen rot-weiß lackierten Pfosten versperrt ist. Man kann nun warten, bis der Veranstalter kommt oder sich selbst so einen Schlüssel aus dem Baumarkt besorgen. Eingesteckt, eine Achteldrehung und schon lässt sich der Pflock entfernen. Schwupps, wieder ein Teil mehr in meiner Sammlung.

    Inhalt meines First Aid Koffers / © Chris Hinz

    Mit Einführung der Digitalmischpulte und ihren LED Anzeigen sind die meterlangen weißen Klebestreifen verschwunden, die man unterhalb der Fader des Mischpults anbrachte und mit schwarzem Filzschreiber möglichst leserlich beschriftete.

    Doch weit gefehlt! Genau dieses Material benötigt Ihr, wenn Ihr mit mehreren Bands auf einem Open Air spielt und Euch das Equipment teilt. Die XLR Stecker der gefühlten 100 km Kabel auf der Bühne müssen beschriftet werden, denn die Kabel werden in den Umbaupausen gemäß Patch Liste umgesteckt. Daher sind Klebeband und Filzstift weiterhin immer mit auf Tour.

    Auf der Bühne ist die Traverse zur Befestigung des Banners mal wieder viel zu hoch und lässt sich nicht herunter kurbeln. Eine Leiter haben wir nicht dabei, doch ein ausziehbarer Besenstil mit aufgebohrter Kappe und zwei Theaterhaken mit Schraube tun’s auch. Diesen Trick habe ich bei einer anderen Band anlässlich eines gemeinsamen Open Air Festivals in Fürth bei Nürnberg gesehen und fand´s so gut, dass ich‘s gleich übernommen habe.

    Ausziehbarer Besenstil mit aufgebohrter Kappe. Theaterhaken mit Schraube, Spanngummi / © Chris Hinz

    Technische Ausstattung

    Beim Sound Check fällt auf, dass einer der Kanäle auffallend leise ist. Ein typisches Indiz dafür, dass beim Multicore, das vom Splitter des IEM Racks zur Stage Box der FOH Konsole läuft, am XLR Stecker des betreffenden Kanals entweder die rote oder die weiße („heiße“) Ader abgerissen ist.

    Die Endpunkte der Multicores (gerne auch Snakes oder Peitschen genannt) sind nun mal die fragilsten Parts auf der Bühne. Und beim Abbau (man will ja möglichst schnell nach Hause) wird am Kabelwirrwarr gezogen und gerupft – da passiert so etwas ganz schnell. Ein netzunabhängiger Gaslötkolben und ein Feinmechaniker Werkzeugkästchen wirken da wahre Wunder. Zum Löten klemmt Ihr einfach den betreffenden Stecker in der Feder der Feinmechaniker Zange fest, die ihn fixiert. Dann noch links das Kabel und rechts den Lötkolben halten und eins-zwei-drei sitzt alles wieder dort, wo es hin muss.

    Batteriebetriebene Kabeltester sind eine feine Sache. Sie zeigen auf Anhieb, ob ein Kabel einen internen Kurzschluss hat. Ob die Anschlüsse vertauscht wurden oder eine der feinen Adern abgerissen ist. Aber wie kriegt man raus, ob eine Leitung funktioniert, wenn sie hinter dem Trenntrafo der Splitbox angeschlossen ist?

    Mit einem Tongenerator und einem einfachen Kopfhörerverstärker. Statt Letzterem verwende ich meinen Field Recorder im Aufnahmemodus. Den könnt Ihr auch gut dazu verwenden, die komplette Show mitzuschneiden und dann im Nachgang überprüfen, ob der Sound okay war und/oder wo es noch hakt.

    Ihr seid mitten im Aufbau, konzentriert Euch auf eine anspruchsvolle Verkabelung und direkt neben Euch legen plötzlich der Gitarrist oder der Drummer in voller Lautstärke los? Trotz gelegentlicher Appelle passiert das immer wieder und führt zu Stress und bösen Worten. Ein Gehörschutz mit Trageband (damit die Dinger nicht verloren gehen) nebst Aufbewahrungsbehälter am Schlüsselbund kann zwar keinen Frieden stiften, aber die Situation erträglicher machen.

    Kabeltechnisches u.ä. Equipment

    Kabel zu kurz? Kupplungen für XLR, Klinke und Speakon Kabel sind ein Muss in jedem Adaptersortiment. Am häufigsten nachgefragt werden bei mir die 3,5 auf 6,1 mm Stereo Klinkenadapter, die benötigt werden, wenn man sein IEM Headset statt an’s Bodypack direkt an einen Ausgang der IEM Sender anschließen möchte. Das ist inzwischen so eine Art Verbrauchsartikel: Höchstens die Hälfte der Teile funktioniert und die anderen kommen in der Regel nicht mehr zurück.

    Diverse Kupplungen, Adapter, eine Schraubhülse und ein Windschutz für Headset Mikros / © Chris Hinz

    Im überwiegenden Teil spielen wir in Clubs oder auf überdachten Open Air Bühnen. Doch es kann schon mal passieren, dass ein Sandsturm über den noch leeren Platz fegt oder ein Regenschauer seitlich auf die Bühne trifft. Zwei einfache Malerplanen nehmen kaum Platz weg, schützen aber bei Bedarf die empfindliche Elektronik vor Nässe und Staub.

    Die angeblich drehbaren Antennen von Routern und IEM Sendern leiern schnell aus und fallen dann ab. Sollbruchstelle ist jene Niete, die das Schraubgewinde oder den Bajonettverschluss mit der Antenne verbindet. Da ist man gut beraten, immer ein paar passende Ersatzantennen im 5 Ghz, 2.4 Ghz und 800 MHz Bereich dabei zu haben. Die kosten nicht viel, können aber eine Show retten.

    Taschenlampe, diverse Ersatzantennen, Messer, Ohrstöpsel, feuchte Tücher / © Chris Hinz

    Nicht immer hat man alles im Kopf. Auch kann man nicht ständig das Smartphone oder Tablet zücken, um eine Aufbauanleitung zu checken. Das gute alte Klemmbrett hat jetzt ein Fach, in dem man gut Patchlisten, Tour Pläne, IEM Routings, Technical Rider, Ladelisten und Set Listen mitsamt Stift aufbewahren kann. Pro Band verwende ich eine eigene Kladde – denn manche Unterlagen sind sehr Band-spezifisch und so behalte ich den Überblick.

    Kladden mit Dokumentenfach und Kuli-Halter, Systemboxen zur Aufbewahrung / © Chris Hinz

    Das sonstige nützliche Zubehör

    Alle sonstigen Kleinteile, die nicht in den Koffer passen, habe ich in Systemboxen eines schwedischen Möbelhauses untergebracht: Batterien, Aufhängebügel und Ear Pads für die IEM Systeme, Ersatz- Netzteile für alle kritischen Komponenten, Banner Straps, Field Recorder, die Ambience Mikes und vieles mehr. Die Label sind rasch auf dem PC erstellt, werden im Format DIN A6 ausgedruckt und dann einfach hinter den Deckel geklebt.

    Dann gibt es noch den üblichen Schwund bei IEM Systemen: Haltebügel der Bodypacks, die abreißen und irgendwo im Dunkel der Bühne verschwinden. Und Earpads, die man besser an den Headsets festkleben sollte, bevor man bei jeder zweiten Show ein neues Paar braucht. Dazu natürlich jede Menge Ersatzbatterien (Jörg würde jetzt vermutlich Akkus empfehlen … ). Das kommt alles mit in die Kisten.

    An heißen Sommertagen wird auch in den Clubs noch oft mit den klassischen Kannen (PAR 56 mit 300W Halogenstrahlern) gearbeitet. Da macht sich ein Axiallüfter bezahlt! Mit ihm lässt sich der kühlende Luftstrom viel gezielter ausrichten als mit den klassischen, breit streuenden Bodenventilatoren. Und durch ihre kompakte Bauweise fallen die Geräte auf der Bühne kaum auf.

    Ausklang

    Die Show ist vorbei, alle sind zufrieden aber müde. Beim Aufbau hatte man genügend Zeit eingeplant, doch beim Abbau und Verladen kann es so manchem Veranstalter nicht schnell genug gehen. Schnell ist da der falsche Stecker gezogen und auf der Bühne wird es dunkel. Gut, wenn man dann eine leistungsfähige, kabellose Outdoor-Leuchte zur Hand hat. Mit einem kurzen Stück Gaffa Tape an Mikrofonständer befestigt leuchtet sie den jeweiligen Arbeitsbereich aus. Und zur Not fungiert ihr Akku als Powerpack für die chronisch leeren Handies einzelner Musiker.

    Akkubetriebene Arbeitsleuchte mit Powerpack Funktion und USB Ausgang / © Chris Hinz

    Meine jüngste Errungenschaft ist eine dieser faltbaren Sackkarren. Denn mein Rollbrett, das mir seit Jahrzehnten auf Hartböden treue Dienste leistet und bestimmt so manch schräge Geschichte erzählen könnte, bleibt im Kies und den Wiesen neben den Open Air Bühnen hoffnungslos stecken. Mit einer Sackkarre lassen sich die Cases auch durch schwieriges Terrain ziehen.

    Wie sieht Euer technisches First Aid Kit für die Bühne aus? Welche skurrilen Tools befinden sich in Eurem Sortiment? Schreibt´s mir unten in die Kommentare …

    Chris Hinz
    Chris Hinz verfügt über eine 6-jährige klassische Ausbildung am Piano und eine 3-jährige Ausbildung an der Sakralorgel. Er ist seit mehreren Jahrzehnten in der Musikszene Rhein Main aktiv und aktuell mit zwei Coverbands und einem Smooth Jazz Duo unterwegs. Chris Hinz ist freiberuflicher Unternehmensberater und war lange Zeit für ein namhaftes IT Unternehmen tätig.
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