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    Hinterfragt: Erfolgreicher Start einer Tribute Band

    Gruppenbild „The Chain“ © Franz Josef Winkel

    Ein Gespräch mit dem Keyboarder von THE CHAIN, Deutschlands meist gebuchter „Fleetwood Mac“ Tribute Band.

    Vor ein paar Monaten bin ich auf eine deutsche Tribute Band aufmerksam geworden, die im November 2018 im Mainzer Hardrock Café ihr allererstes Konzert gab. Überraschend schnell eroberte sie die Bühnen angesagter Musikclubs in Deutschland und zählt inzwischen bereits mehr als 1.000 Follower jeweils auf Facebook und Instagram.

    Ich wollte wissen, woran das liegt und habe den Keyboarder von THE CHAIN, Chris Hinz getroffen und mit ihm gesprochen.

    Andreas:

    Überall hört man vom Sterben der Musikclubs, viele Bands jammern, es gäbe zu wenig Auftrittsmöglichkeiten. Doch Ihr habt als Newcomer im vergangenen Jahr fast aus dem Stand heraus einen Tourplan aufgelegt, bei dem viele neidisch werden. Wie kam es dazu?

    Chris:

    Barbara, unsere Leadsängerin, und Gerhard, unser Gitarrist, leben schon länger hauptberuflich vom Musikmachen. Im Programm ihres Duos „Love On The Rocks“ spielten sie auch einige Songs von Fleetwood Mac, die beim Publikum besonders gut ankamen. Da reizte sie es, das Ganze mal in einer großen Besetzung und zu 100 Prozent live zu performen.

    Beim Open Air im Rahmen des Programms „Kultur im Sommer“ 2019 / © Franz Josef Winkel

    Nach mehreren Umbesetzungen haben sie dann eine Band mit sehr talentierten Musikern zusammengestellt. Alle Bandmitglieder spielen noch in anderen Formationen und bringen die notwendige Professionalität mit.

    Weil sich zuhause jeder gut vorbereiten konnte, waren wir in der Lage, mit nur wenigen Proben ein Basisprogramm zusammenzustellen, mit dem wir dann auf Tour gingen.

    Andreas:

    Ich verstehe: Euer Rezept heißt also qualifizierte Musiker und gute Vorbereitung. Doch reicht das?

    Chris:

    Nicht ganz. Das Zwischenmenschliche muss stimmen. Und das ist bei THE CHAIN der Fall. Inzwischen sind wir stellenweise sogar zu Acht auf der Bühne und mit Fred, unserem Tontechniker, zu Neunt. Wenn wir dann unterwegs sind, fühlen wir uns wie eine Großfamilie. Es wird gemeinsam gegessen, viel geredet und viel gelacht.

    Der Bassist und sein Leadgitarrist / © Franz Josef Winkel

    Andreas:

    Und diese gute Stimmung bringt Ihr auf die Bühne?

    Chris, lachend:

    Genau das ist es, weshalb die Leute kommen. Sie wollen etwas davon abhaben. Sie merken, wieviel Spaß es der Band macht, miteinander zu musizieren. Und Andy, unser Leadsänger, hat die besondere Gabe, das Publikum mit einzubeziehen. Wenn er dazu auffordert, mit zu klatschen und mitzusingen, kann man sich dem kaum entziehen.

    Andreas:

    Fleetwood Mac mag eine Kultband sein. Doch das sind nicht unbedingt die Titel, die auf einem Jahrmarkt das Publikum anziehen. Oder etwa doch?

    Chris:

    Wir haben im Sommer auf dem Grünen Markt in Fürth bei Nürnberg gespielt und hatten dort locker 600 Zuhörer oder mehr. Doch wir sind keine Kirmes Band oder Partycombo, die die üblichen Schlager spielen.

    Open Air „Kultur im Sommer“ 2019: dem Keyboarder über die Schultern geschaut / © Franz Josef Winkel

    Wir haben den Anspruch, die schönsten Titel von Fleetwood Mac in einer neuen Art und Weise vorzutragen, die die Zuhörer fasziniert. Für einige der Titel, wie etwa „Landslide“, braucht es einen ruhigen Ort – deshalb spielen wir vorrangig in Musikclubs und Kult-Locations.

    Und wenn die meist textsicheren Fleetwood Mac Fans dann Zeile dann für Zeile mitsingen und ihre beleuchteten Smartphones schwenken, kriegst du einfach Gänsehaut.

    Andreas:

    Aber wie kommt Ihr nun an die Gigs?

    Chris:

    Nahezu jedes unserer Bandmitglieder hat zwar schon den einen oder anderen tollen Gig besorgt, aber die Hauptarbeit der Akquise liegt bei Barbara. Es gibt Tage, da sitzt sie bis zu zwölf Stunden vor dem Computer und hängt ständig am Telefon.

    Noch kommen nur wenige vorbei, klingeln und fragen, hättet ihr dann und dann Zeit? Aber das ändert sich gerade. Die meisten der Clubs, in denen wir aufgetreten sind, haben bereits Folgetermine gebucht. Allerdings muss man auch dazu bereit sein, die berühmte Meile mehr zu gehen.

    Andreas:

    Was meinst Du damit?

    Chris:

    Wenn wir ausschließlich in unserem „Home Turf“, also in Frankfurt und Umgebung, auftreten würden, wäre das Potenzial rasch erschöpft. Alle vier Wochen ein CHAIN Konzert in einem Radius von etwa 50 Kilometern zu besuchen, ist irgendwann ermüdend.

    Beim Open Air im Rahmen des Programms „Kultur im Sommer“ 2019 / © Franz Josef Winkel

    Also muss man raus. Deshalb finden die CHAIN Konzerte in ganz Deutschland statt: In Schleswig-Holstein genauso wie in Bayern, in Nordrhein-Westfalen genauso wie in Thüringen, Leipzig, Dresden und Berlin.

    Andreas:

    Da habt ihr Euch ja was vorgenommen. Und das machen alle mit?

    Chris:

    Etwa die Hälfte der Musiker von THE CHAIN  können nicht so frei disponieren – sie haben noch einen anderen (Haupt-) Job. Konzerte am Samstag sind meistens unkritisch, Konzerte am Freitagabend oder unter der Woche stellen da manchmal schon eine logistische Herausforderung dar.

    Background Vox / © Franz Josef Winkel

    Zugegeben, es ist recht schwierig, die Verfügbarkeiten aller neun Bandmitglieder unter einen Hut zu bringen. Als wir starteten, habe ich der Band von einer App namens Bandhelper erzählt, mit der ich meine Keyboards ansteuere, bei den Proben die Audiofiles einspiele und die Lyrics aufs Tablet bringe.

    Aber die App kann noch viel mehr. Wir machen damit auch die komplette Terminabstimmung. Die Musiker tragen in der App ihre Abwesenheiten und Konzerte mit anderen Bands ein und Barbara hat dann jene Übersicht, die sie für ihre Akquise benötigt.

    Bei den Konzertterminen steht zusätzlich die Adresse der Location drin, wie groß sie ist, welche Technik vor Ort vorhanden ist, ob wir mit oder ohne Backing Vocals auftreten, wo wir ggf. übernachten und vieles mehr. Wer Fragen hat, weiß sofort, wo er nachschauen kann.

    Andreas:

    Ihr habt auch eine Auszeichnung vom „Journal Frankfurt“ als Top Dienstleister 2020 bekommen. Herzlichen Glückwunsch.

    Chris, lacht:

    Ja, danke. Das hat uns auch überrascht und wirklich sehr gefreut. Dienstleister klingt vielleicht ein bisschen komisch, aber aus Sicht der Event Manager sind wir das ja auch.

    Andreas:

    Worauf führt ihr das zurück?

    Chris:

    Da mag es ganz unterschiedliche Aspekte geben. Aus unserer Sicht ist es aber wichtig, dass wir die Erwartungen, die die Konzertveranstalter an uns haben, nicht nur erfüllen, sondern noch das Sahnehäubchen oben drauf mitbringen.

    Beim Open Air im Rahmen des Programms „Kultur im Sommer“ 2019 / © Franz Josef Winkel

    Gerade letztens kam ein Clubbesitzer kurz vor der Saalöffnung zu uns und sagte: „Was? Ihr seid schon fertig mit dem Soundcheck? Das hab‘ ich selten.“

    Andreas:

    Und woran liegt das?

    Chris:

    Ich denke, es hat mit den Einstellungen der Bandmitglieder und mit ein paar Grundsatzentscheidungen zu tun, die wir gleich beim Start der Band getroffen haben. Das erleichtert die Organisation und verkürzt die Setup und Break Down Zeiten.

    Andreas:

    Was meinst du mit Einstellungen der Bandmitglieder?

    Chris:

    Na ja, nach dem Konzert helfen alle mit, bis die gesamte Backline abgebaut und verladen ist. Da gibt es niemand, der sich mit einem flotten „Tschüss, Jungs“ vorzeitig aus dem Staub macht.

    Beim Open Air im Rahmen des Programms „Kultur im Sommer“ 2019 / © Franz Josef Winkel

    Und beim Aufbau kümmert sich jeder Einzelne um seine Mikrofonierung und die Verbindung zwischen seinem Instrument und der Stagebox. Das klingt lapidar, hat aber einen mentalen Effekt: Nicht der Tontechniker, sondern ich selbst bin dafür verantwortlich, ordentliches Equipment zu besorgen, es zu pflegen und auch sicherzustellen, dass es funktioniert.

    Ab der Stagebox kümmern sich dann Fred und ich darum.

    Andreas:

    Wieso Fred UND du? Gibt das nicht ein Durcheinander?

    Chris:

    Nein, das hat was mit dem anderen Punkt, den Grundsatzentscheiden, zu tun. Dazu musst Du wissen: Wir haben in unterschiedlichen Locations in und um Frankfurt herum geprobt. Meist mussten wir dafür alles selbst heranschleppen und aufbauen.

    Als es um die Frage ging, ob wir klassische Floor Monitore oder IEM Systeme verwenden wollen, habe ich mich vehement gegen Wedges ausgesprochen. Ich geb‘ zu, ich hab‘ so einen „Ich-schlepp-nicht-gerne“-Tick, weshalb ich auch nur mit einem einzigen Keyboard auf der Bühne stehe, anstatt – wie andere Keyboarder – mit drei oder vier Teilen.

    Präsentiert sich: Die Band „The Chain“ / © Franz Josef Winkel

    Ich hab‘ schon in vielen anderen Bands gespielt und hat dort sehr gute Erfahrungen mit IEM’s gemacht. Also haben wir beschlossen, das auszuprobieren. Wir sind dabei geblieben und die Band ist inzwischen geradezu begeistert.

    Da ich das Thema rein gebracht habe, kümmere ich mich auch um den Bühnenmix, sofern die Musiker das nicht mit ihren Tablets selbst machen. Und Fred, unser Toningenieur, kann sich entspannen und sich voll auf den FOH Mix konzentrieren.

    Andreas:

    Was glaubst du, was THE CHAIN von anderen Bands unterscheidet?

    Chris:

    Ich glaube, an vorderster Stelle stehen so Dinge wie Herzblut, Leidenschaft und Spielfreude. Und Disziplin und Verlässlichkeit. Klingt vielleicht langweilig, ist aber so.

    Schließlich die Professionalität der Musiker. Wir schneiden jeden unserer Auftritte mit und laden die Aufnahmen sofort nach dem Konzert in die Dropbox hoch. Dann kann jeder selbst hören und entscheiden, was gut war und was nicht.

    Und glaub mir: Du denkst, du kannst das Stück endlich. Dann kommt Gerhard oder ein anderer und sagt: Hör dir mal diesen Riff an, das klingt nicht. Du bist zwar genervt, setzt dich dann aber hin und arbeitest daran. Und irgendwann klappt auch dieser Riff.

    Andreas:

    Was hat euer Budget am meisten gestresst?

    Chris:

    Unser Videodreh für das Promotion Video. Für zwei Tage hatten wir eine Halle, das Alte E-Werk in Pfungstadt (bei Darmstadt), gemietet und stellten dort eine riesige Bühne, PA und Licht auf. Wir nahmen das Konzert dann mit mehreren Kameras live auf. Das hat ein richtiges Loch in die Bandkasse gerissen.

    Um das Ganze zu finanzieren, hatte Barbara die Idee eines Crowd Funding Projekts. Zunächst konnte sich keiner von uns was darunter was vorstellen, doch als es online gegangen war, trafen täglich neue „Dankeschöns“ (Anm.: Funding Beiträge) unserer Fans ein.

    Die Response hat uns überwältigt, das Projektziel wurde erreicht. An dieser Stelle nochmal ein dickes Dankeschön an alle, die uns unterstützt haben.

    Zum Schluss / Abspann / © Franz Josef Winkel

    Andreas:

    Für mich ist es faszinierend zu beobachten, in welch‘ kurzer Zeit Ihr THE CHAIN auf die Beine gestellt habt und welche Begeisterung von Euch ausgeht. Ich wünsche Euch weiterhin erfolgreiches Touren. Ich bin mir sicher, dass wir in Zukunft noch viel von THE CHAIN hören werden.

    Chris:

    Vielen Dank, Andreas!

     

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    Andreas Cattarius
    Andreas Cattarius hat an der Fachhochschule Kaiserslautern Innenarchitektur studiert. Im Jahr 1995 gründete er mit Freunden den Live-Club „Fillmore Kaiserslautern“ und in den darauffolgenden Jahren machte sich dieser Liveclub überregional einen Namen mit erfolgreichen Konzerten für die Alternativszene. Als DeeJay und Talentscout entwickelte er eine Nase für Musik-Trends der alternativen Szene und förderte die lokale Musik- und DeeJay-Szene. In dieser Zeit erwarb er erste Kenntnisse im Schreiben von Bandbeschreibungen der Künstler, die in seinem Club auftraten. Er lernte was erfolgreiches Eventmarketing bedeutet und machte sich einen Namen als überregionaler Veranstalter für innovative Bands. Als Redakteur für das Kaiserslauterer Stadtmagazin „Pavillon“, hier zuständig für die Rubrik „Szene“, entwickelte er seine journalistischen Fähigkeiten. 2002 ließ er sich zum „Internetapplikationsentwickler“ ausbilden und erlernte das „Handwerk“ des Webdesigns. Er entwickelte bereits 2003 im Team einen Online-Lieferservice für Pizzas in Worms. Seit 2018 gehört er fest zum „Kunstgriff-Event“ Team.

    1 Kommentar

    1. Kaum schaut man mal einen Tag nicht rein, schon verpasst man die tollsten Artikel. Da haben Chris und Andreas ein tolles Interview abgeliefert.
      Ich kann aus der Sicht von 2 beteiligten Protagonisten aus der Zusammenarbeit mit GENAU DIESER BAND auch 2 Kommentare abgeben:
      1) Ich arbeite als Booker und Veranstalter. Barbara von „The Chain“ hat sich telefonisch bei mir gemeldet und sehr nett und professionell ihre Band vorgestellt und mit mir zusammen eruiert, ob und wie man die Band in unserem Club auf die Bühne bringt. Parallel dazu habe ich alle Infos, Unterlagen, Bilder und optimale Werbeunterstützungsstrategien von Ihrer Seite erhalten. Der Kontakt während der gesamten Vorbereitungsphase war super und immer mit tollen Tipps und guter Laune garniert. Für Veranstalter ist die Band easy und ohne komplizierten Schnick-Schnack zu handlen. Klare Absprachen, perfekte Erfüllung und in allen Fragen – sehr flexibel. Der Auftritt und das Miteinander sind auf gleichem Level gelaufen … Top. Der Strukturexperte, der Ökonom der Band – Danke, Chris- hat sogar im Club die neu eingerichtete IT zum Laufen gebracht.
      2) Als Techniker: Am Konzertabend war Fred, der Bandtechniker, nicht am Start und so durfte ich den Job übernehmen. Die Lieder kannte ich ja. Vor dem Konzert gab es einen klaren individuellen Bandrider (Übrigens über den hier regelmäßig erwähnten „Band-Helper“ erstellt) und präzise Absprachen. Das Schönste daran: Die Band hat alle Mikrofone und ihr komplettes In-Ear System dabei und übergibt mir alle Kanäle für den FOH-Mix über den bandeigenen Split per Kabelbaum….. Einstecken, Pegeln,und eine schöne Stereosumme mixen innerhalb kürzester Zeit….kein Stress mit dem Monitor, eine angenehm leise Bühne, keine Feedbackgefahr. und eine sehr gute Qualität der einzelnen Signale….Super 🙂
      Als Kurzresumee: Wenn ich mir eine Band backen dürfte, wäre sie wie The Chain

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