23 C
Kaiserslautern
Sonntag, Juli 6, 2025
spot_img
StartTechnikITAI Tools für die Nachbereitung von Konzert­aufnahmen - Ein Erfahrungsbericht
Anzeige

AI Tools für die Nachbereitung von Konzert­aufnahmen – Ein Erfahrungsbericht

Workflow mit KI im Studio © Tima Miroshnichenko, Pexels

In den letzten Jahren wird viel über die Errungenschaften der Künstlichen Intelligenz (KI oder AI) gesprochen. Und wenn man aktuellen Berichten Glauben schenken kann, gibt es inzwischen bereits die ersten KI-Bands, die mit ihren Hits die Charts stürmen, aber in dieser Form vermutlich niemals live zu sehen sein werden …

… Im Gegensatz dazu sind jene Tools, die die Arbeit im (Heim-)Studio einfacher machen, viel bodenständiger. Wobei die Intelligenz der meisten Plugin’s und Standalone Apps vorrangig darin besteht, das vorhandene Tonmaterial zu analysieren, um es im zweiten Schritt entsprechend der Vorgaben des Anwenders zu optimieren.

Live digital aber ohne KI

Wenn ich mit einer meiner Bands auf Tour bin, nehme ich jedes unserer Konzerte im Multitrack Ver­fah­ren auf. Die dafür erforderliche Hardware (wie z.B. die X-Live Erweiterungskarte  für die X32 Di­gi­tal­misch­pul­te von Behringer ) ist erschwinglich, deren Handhabung einfach. Oft werden wir dabei von talentierten Kameramännern begleitet, die Videos und auch Fotos machen. Während deren Bildmaterial in der Regel exzellent ist, können die Tonspuren der Kameras jedoch allenfalls zum Synchronisieren mit dem Mitschnitt von der Konsole verwendet werden.

Behringer X-Live Erweiterungskarte © Chris Hinz

Behringer X-Live Erweiterungskarte © Chris Hinz

Gerade dann aber beginnt die Arbeit. Will man z.B. das Einstreuen (bleed-in) des Schlagzeugsignals in Vocal Mikrofone unterbinden, kommen von den Kollegen*innen die üblichen Empfehlungen wie „ver­wen­det doch eine Schlagzeugkabine“, „wechselt die Mikrofone“, „schirmt die Becken ab“  oder „steigt auf ein E-Drum um“ . Das mag zwar alles ganz nett gemeint sein, löst aber nicht mein Problem. Wenn ihr vor der Aufgabe steht, vorhandenes Tonmaterial nachzubearbeiten, könnt ihr zwar versuchen, das Signal zu verbessern (mittels Equalizer, Noise Gates und Plugins zur Eliminierung von Rauschen und Brummen), doch die Ergebnisse sind meist eher dürftig und die manuelle Aufbereitung dazu sehr aufwändig.

Anzeige
band zone orga-software

Ein auffallend nützliches Tool

Hier kommt jetzt erstmals die KI mit ins Spiel. Auf dem Markt gibt es verschiedene Anbieter, die be­haup­ten in der Lage zu sein, vorhandenes Tonmaterial in die ursprünglichen Vokal- und Instrumentalspuren zu zerlegen (Stem Splitting). Bei Bass, Schlagzeug und Gesang funktioniert das inzwischen auch tat­säch­lich schon recht gut, bei allen anderen Instrumenten wie Piano, Orgel, Bläsern und Streichern gibt es Einschränkungen und Überschneidungen.

FADR Stem Separation (zur Vergrößerung ins Bild klicken) © Chris Hinz

FADR Stem Separation (zur Vergrößerung ins Bild klicken) © Chris Hinz

Um die Vocal Tracks meines vorstehend erwähnten Konzertmitschnitts von den Drum Bleed-Ins zu befreien, habe ich mich für den Einsatz von FADR  entschieden – die Ergebnisse der Konkurrenz wie Moises, LALAL.ai  und Voice.ai  dürfte sich nicht groß unterscheiden. Dazu habe ich die Originalspur auf FADR  geladen, und nach einigen Minuten meldet die Anwendung den erfolgreichen Abschluss der rechenintensiven Zerlegung zurück. Nun konnte ich alle Tracks (bzw. die gesäuberte Gesangspur) herunterladen, um sie in meiner DAW weiter zu verarbeiten.

Wie das Video zeigt, ist das Ergebnis durchaus hörbar. Im ersten Take hört ihr die Originalaufnahme der zu bearbeitenden Gesangsspur, im zweiten dieselbe, von FADR gesäuberte Spur. Im dritten Part ist es wieder die Originalaufnahme jetzt mit der gesamten Band und unbearbeiteter Vocal Spur und im vierten schließlich die FADR Spur in Kombination mit den Instrumentaltracks. Take 4 belegt: Das Ergebnis klingt sauber und druckvoll, Aufgabe erfolgreich gelöst.

Verwandele deinen Track in einen völlig anderen Style

Abhängig von der Qualität des zu analysierenden Tonmaterials ist FADR übrigens in der Lage, bis zu 16 verschiedene Vokal und Instrumentalspuren zu identifizieren und zu separieren, sodass ihr durchaus auch einen Remix einer bereits vorhandenen Stereoaufnahme angehen könnt. Will man beim Mastern auf Nummer Sicher gehen, könnt ihr zusätzlich ein AI-Plugin wie Ozone 11  von iZotope  in die DAW laden, das betreffende Genre wählen (oder Ozone  eine Referenzaufnahme vorspielen) und schon verwandelt das Ozone – Plugin das zuvor eher dürftige Resultat in einen fetten Mix.

Analyzing – Learning – Listening – Operation in Ozone 11 (zur Vergrößerung ins Bild klicken) © Chris Hinz

Analyzing – Learning – Listening – Operation in Ozone 11 (zur Vergrößerung ins Bild klicken) © Chris Hinz

Bei einem anderen Auftrag stand ich vor der Aufgabe, die Tonspur eines fast 50 Jahre alten Do­ku­men­tar­films zu restaurieren. Er beinhaltete historisches Filmmaterial, verschiedene Interviews, Ins­tru­men­tal­ein­spie­lun­gen und eine schwer verständliche Predigt in einer Kirche mit hohem Hallanteil.

Anzeige

Neben den üblichen Werkzeugen wie Equalizer, Kompressor und Limiter kam dabei erstmals auch ein AI Plugin zum Einsatz, das den Hall dämpfen sollte, um die Ansprache in der Kirche verständlicher zu machen. Eingesetzt wurde dafür das De-Verb Modul  aus der RX 11 Produktsuite  von iZotope . Auch hier musste das Tool erst angelernt werden, bevor es eingesetzt werden konnte. Was soll ich sagen? Ich würde dem Ergebnis 8 von 10 Punkten geben, der Auftraggeber ist zufrieden.

Das Izotope De-Reverb Module (zur Vergrößerung ins Bild klicken) © Chris Hinz

Das Izotope De-Reverb Module (zur Vergrößerung ins Bild klicken) © Chris Hinz

Empfehlung: die meisten Hersteller bieten kostenlose Trials an

Rund um die Uhr 24/7 bietet Thomann  ungezählte Plugins verschiedener Hersteller zum Sofort-Down­load an. Direkt nach dem Online-Kauf erhält man die Rechnung und in einer separaten Mail die für die Inbetriebnahme erforderlichen Erläuterungen sowie den Lizenzschlüssel …

Ungeachtet dessen empfehle ich aber stets zunächst die von den meisten Herstellern angebotene kostenfreie Trial-Phase zu nutzen, um zu prüfen, ob das jeweilige Produkt Euren Erwartungen entspricht.

Fazit

Es ist spannend mitzuerleben, auf welche Weise und wie schnell die KI-Tools Eingang in den Audiobereich finden und das Klangerlebnis verbessern können. Die Entwicklung hat gerade erst begonnen und dürfte in den kommenden Jahren rasante Fortschritte machen.

Welche KI Tools setzt Ihr schon auf der Bühne und/oder im (Heim-)Studio ein? Ich freue mich auf eure Kommentare …

Anzeige
thomann music

Jetzt auf Thomann.de stöbern.

Wir sind Affiliate Partner bei THOMANN.  Wenn du vorhast, demnächst Equipment zu shoppen und unsere Arbeit gerne unterstützen möchtest, nutze einfach diesen Link!

Es entstehen dir keine Zusatzkosten, aber wir erhalten eine kleine Pro­vi­sion.
Dafür schon mal vielen Dank 🙂

Folge uns jetzt auf InstagramFacebook & YouTube und verpasse keine Artikel
und spannende Infos mehr!

Außerdem interessant: Unsere Facebook-Gruppe StageAID-Talk!

Chris Hinz
Chris Hinz verfügt über eine 6-jährige klassische Ausbildung am Piano und eine 3-jährige Ausbildung an der Sakralorgel. Er ist seit mehreren Jahrzehnten in der Musikszene Rhein Main aktiv und aktuell mit zwei Coverbands und einem Smooth Jazz Duo unterwegs. Chris Hinz ist freiberuflicher Unternehmensberater und war lange Zeit für ein namhaftes IT Unternehmen tätig.
Anzeige
Anzeige

MEISTGELESEN

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner