FOH-Mix mit dem Behringer © Engelmann Promotion
Viele meiner Beiträge handeln davon wie wichtig es mir ist, dass sich die Musiker bei einer Show selbst gut hören können. Die mit Abstand wichtigste Person ist jedoch der Konzertbesucher. Dieser Beitrag nun handelt davon, wie das Publikum auch in ungewöhnlichen Raumsituationen die Show genießen kann; denn jeder Konzertbesucher hat ein Recht auf ein tolles Hörerlebnis …
Vor ein paar Wochen spielte ich mit einer meiner Bands auf einem Foodtruck Festival. Die Trucks waren ringsum an allen vier Seiten des rechteckigen Platzes aufgestellt. Die Trailer Bühne befand sich an der Stirnseite, in der Mitte waren Bierzelttische und -Bänke sowie der Getränkewagen aufgebaut. Fasziniert waren die Besucher jedoch von der Tatsache, dass man an jeder Stelle des Platzes mit rund 100 Metern Seitenlänge die Band überall gleich gut hören konnte …
It´s Tricky: Kompetente Techniker*innen schaffen eine hochwertige (Sound-) Atmosphäre
Ihr Geheimnis: Die Techniker*innen des PA-Verleihs hatten neben jedem dritten Foodtruck jeweils eine Box auf einem Ständer aufgestellt und dabei die Laufzeit von der Klangquelle bis zum Standort des jeweiligen Speakers berücksichtigt. Damit trifft der Ton der Haupt-PA zeitgleich zum Ton der Delay Line (dt.: Verzögerungsleitung) am Ohr des Zuhörers ein. Wenn man überlegt, dass der Ton in drei Millisekunden etwa einen Meter zurücklegt, kommen bei 100 m durchaus respektable Verzögerungszeiten zustande.
Etwas später dann traten wir im hohen Norden Deutschlands wieder in der großen Kulturscheune auf. Das beeindruckende Gebäude ist offen bis unter’s Dach, verfügt über (bei uns stets ausverkaufte) 400 Sitzplätze und hat die Form eines länglichen Rechtecks. In den vorderen Reihen war der Sound super, nach hinten wurde er immer verwaschener. Dort haben wir denselben Trick angewandt: Dazu verwendeten wir – weil im Fundus der Band vorhanden – die Satelliten eines 2.1 Systems , die wir auf der Hälfte des Raums an der rechten und linken Wand auf Ständern in etwa 3 Meter Höhe platzierten.
Wie funktioniert´s?
Aber wie bekommt man das mit der Verzögerung hin? Hier konnte das X32 wieder einmal eine seiner versteckten Stärken ausspielen. De facto war es bei unserem Scheunenkonzert zwar eine Midas Konsole , doch die Funktionen sind identisch.
Der Signalfluss ist relativ einfach: Man greift das Signal am Master Fader (MAIN L/R) ab, verwendet dafür die Matrix Funktion und verzögert die Ausgabe des Signals des MAIN L/R Kanals. Würde man nämlich einfach nur das Original Signal der PA verwenden, wäre die Folge ein kurzes, aber störendes Echo.
Die Konfiguration einer Delay Line ist nicht schwierig, umfasst aber eine Vielzahl einzelner Schritte. Der Einfachheit halber habe ich dafür die App „X32-Mix“ verwendet – man kann dafür aber genauso gut auch die Buttons und das Display am X32 nutzen.
Die Konfiguration Schritt für Schritt
Sorgfältiges Arbeiten ist entscheidend, weshalb wir zunächst mit der Namensvergabe beginnen. Dazu wählen wir in der X32/M32-Mix App im HOME Modus den Kanal MATRIX 1, gehen auf > DETAIL > NAMING, suchen ein passendes Icon und geben eine sprechende Bezeichnung wie z.B. „MTX1 Delay L“ ein.
Damit alle folgenden Schritte automatisch für den rechten Matrix Kanal übernommen werden, gehen wir auf CONFIG/PREAMP und drücken den LINK Button. Nach einer Kontrollfrage …
… wechselt der LINK Button zu rot und bestätigt damit, dass die Funktion aktiv ist.
Im nächsten Schritt versehen wir auch den rechten Kanal (Matrix 2) mit einer sprechenden Beschreibung (z.B. „MTX2 Delay R)“. Um dorthin zu gelangen genügt es, einmal den Cursor-Rechts-Button [>] zu drücken.
Sobald das erledigt ist, wechseln wir mittels sechsfachen Tippens der Cursor-Rechts-Taste [>] auf den PA L+R Kanal und drücken den SENDS Reiter. Dort stellen wir sicher, dass die Kanäle von Matrix 1 und 2 nicht stummgeschaltet sind (MUTE OFF) und bewegen die beiden dank der Link Funktion verbundenen Fader in die 0 dB Position.
Ganz wichtig: Damit die Lautstärke der Delay Line den Bewegungen des Master Faders folgt, muss im Scroll Down Menü unterhalb der Icons von MTX1 und MTX 2 das etwas unscheinbare Feld PRE FADER auf POST FADER umgestellt werden.
Nun folgt ein entscheidender Schritt: Die Zuordnung der beiden Matrix Kanäle zu den (physischen) XLR Ausgangsbuchsen und die Eingabe der Entfernung der Delay Line Speaker zur PA. Standardmäßig wird das PA-Signal auf den XLR Output Buchsen 7 und 8 ausgegeben, weshalb wir für den Anschluss der Delay Line die Ausgänge 5 und 6 verwenden.
In der App tippen wir auf > ROUTING > ANALOG OUT und wählen in der Spalte „Analog Output“ die Zeile „Output 5“, unter „Category“ die Zeile „Matrix“, unter „Output Signal“ das Feld „Matrix 1“ und unter „Tap“ die Funktion „Post Fader“.
Am Drehregler in der Spalte DELAY stellen wir die Entfernung zur Bühne ein und aktivieren den DELAY Schalter (er geht auf Rot). Es gibt Tontechniker, die die Distanz mit handelsüblichen Laser-Messgeräten erfassen, doch es geht auch anders: Du läufst einfach die Entfernung von der Bühne bis zu den Speakern der Delay Line in großen Schritten ab und erhält auf diese Weise schon mal einen ersten Anhaltspunkt für die Eingabe der Meterzahl. Dann wiederholst du das Ganze für den zweiten Matrix Kanal: Output 6, Matrix 2, Entfernung einstellen: Delay aktiv.
Wichtig: Zum Schluss ein Test
Wir spielen rhythmisch akzentuierte Pausenmusik über die PA und fahren die Speaker der Delay Line langsam hoch. Wenn Ihr Euch nun auf die gedachte Linie zwischen die beiden Delay Line Boxen stellt, regelt Ihr den Distanzwert so lange nach, bis die anfangs noch hörbaren Echo-Effekte verschwunden sind. Am einfachsten geht das, wenn man dazu ein Tablet verwendet, das über einen WiFi Router mit dem X32/M32 Pult verbunden ist.
Nach richtiger Einstellung der Distanz fügen Profis nochmal 5 Millisekunden Delay hinzu. Diese winzige Änderung hat zur Folge, dass unser Gehör zuerst das Signal der PA, und dann erst das Signal der Delay Line wahrnimmt. Bekannt ist dieser Trick übrigens auch als Haas Effekt , der im Tonstudio gerne zur Umwandlung eines Monosignals in ein Stereosignal verwendet wird – dann aber mit einem Delay von 15 bis 20 Millisekunden auf einem der beiden Effektausgänge.
Die Lautstärke der Delay Line sollte vorsichtig dosiert werden, weshalb du auch keine besonders kräftigen Verstärker dafür brauchst. Und wenn der Main Fader (PA L+R) runtergezogen wird, sollten auch die Speaker der Delay Line schweigen.
Hat alles geklappt? Herzlichen Glückwunsch.
Übrigens: Dank des Einsatzes der beiden Speaker bekommen wir regelmäßig Lob vom Publikum ob des guten Klangs – ganz gleich, wo die Zuhörer beim Konzert saßen.
Welche besonderen Herausforderungen im Live Betrieb musstet Ihr schon mit dem X32 meistern? Schreibt´s mir wie immer unten in die Kommentare. Wenn ihr Fragen habt auch.
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…herzlichen Dank, Jörg. Ja, auf größerem Terrain muss auch der Bass gedoppelt werden. Da müssen dann die wirklichen Spezialisten ran.
Klasse Artikel, Chris.
Ja, in der Therorie kann´s jeder. Die Praxis sieht dann oft schon etwas schwieriger aus.
Dein Vorschlag, über eine Ausgangsmatrix zu gehen, ist solide und klappt immer, wenn man es einmal eingerichtet hat.
Was ich in Delay Lines generell mache, ist eine „Subtraktive“ Klangeinstellung. Basis ist ( bei überschaubaren Veranstaltungen) die Annahme, dass der Bass sich ausreichend bis an die relevanten Hörerplätze ausbreitet, untere Mitten ebenso und der Mitten-Hochtonbereich auf Distanz die größten Verluste erleidet.
Entsprechend braucht es in den Delay Lines eher wenige tiefe Frequenzen. Alles, was vom Hauptsystem hinten ankommt, kann in den Delays rausbleiben. Es wird nur dazu addiert, was nicht mehr vom Hauptsystem ankommt. Oberer Mittel-und Hochton sind hier besonders wichtig.
Das gilt besonders in halligen Umgebungen, wo die Sprachverständlichkeit „refresht“ werden muss. So spart man Leistung und die Delay Lautsprecher können auch schön klein bleiben.
In großen Open-Air Systemen sieht das wieder anders aus. Dort werden auch Basssysteme eingesetzt, diese werden allerdings aufwändig richtungsorientiert getuned (z.B. Cardoid), damit sie nicht durch rückwärtige Abstrahlung den Sound in Richtung Bühne zerstören.